SV Hermsdorf siegt im Topspiel gegen Sonneberger HV

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Hermsdorf.  Das Topspiel der Thüringenliga kann der SV Hermsdorf für sich entscheiden, siegt über den Sonneberger HV mit 24:21 (12:13).

Er habe heute arbeiten müssen – und das sei auch gut gewesen. Als das Gipfeltreffen der Thüringenliga am Sonnabend Geschichte war, der SV Hermsdorf mit 24:21 über die Gäste aus Sonneberg triumphiert hatte, blickte Mario Kühne etwas groggy aus seinem Trainingsanzug. Ja, der Trainer des SV Hermsdorf wirkte abgekämpft und müde, sein Gesicht besaß zudem einen roten Teint. Nachwirkungen, die nicht nur von den vorangegangenen 60 Minuten zeugten, sondern von der gesamten Woche.

Er habe heute eine Hochzeit gehabt, berichtete Kühne, der auf dem Standesamt in Hermsdorf arbeitet. „Ich bin beizeiten aufgestanden, musste mich auf die Trauung vorbeireiten, dadurch war ich zumindest am Vormittag abgelenkt. Na ja, und dann habe ich versucht, mich runterzufahren. Die Anspannung war die ganze Woche über spürbar“, sagte Kühne und gönnte sich einen Schluck Bier. Und jetzt? „Jetzt bin ich einfach nur kaputt. Ich bin ziemlich tot im Kopf und auch in körperlicher Hinsicht ein wenig platt. Ich brauche dann erst einmal fünf Minuten für mich, um den Wahnsinn hier zu realisieren“, betonte der Trainer.

Gut sechs Minuten vor dem Abpfiff der Partie stand alles noch auf „Messers Schneide“ (Kühne). Hermsdorf lag mit zwei Toren (22:20) in Führung, doch was sind schon zwei Tore im Handball. Es war Hannes Rudolph, der in der 55. Minute die Möglichkeit hatte, den Vorsprung der Kreuzritter um ein weiteres Tor auszubauen. Doch Rudolph scheiterte – und haderte sichtbar mit seinem Handballer-Dasein. Wütend schlug er mit beiden Händen auf den Hallenboden, als er auf diesem nach seinem Scheitern für ein paar flüchtige Momente ausharrte. Nur wenige Sekunden nach dem nicht verwandelten Strafwurf konnte Sonnebergs Marius Constantin Ignat den Rückstand der Gäste auf das Minimum (21:22/55.) reduzieren. Anschließend hatten die Hausherren das Glück auf ihrer Seite, da ein Sonneberger Wurf, der mit reichlich Spin versehen war und entsprechend fies daherkam, sich eben nicht in das Tor drehte – wohl auch, weil Keeper Robert Zehmisch am richtigen Fleck vor seinem Kasten verweilte.

Es folgten drei Minuten, die sich gen Unendlichkeit ausdehnten sollten, da beide Lager kein Tor erzielten. Der Anzeige fror beim Stand von 22:21 gefühlt ein. Die Anspannung in der Hölle Ost erreichte in jenen Minuten ihren Zenit. Messers Schneide und so. Das Ablassventil in Sachen Druck – zumindest für die Fans des SV Hermsdorf – kam in Gestalt eines gepfefferten Freiwurfes daher, für den Marin Vulic verantwortlich war. Ein Strahl in die rechte Torwartecke. Die Halle stand Kopf. Und es war eben Marin Vulic, der eine halbe Minute vor dem Ende der Partie mit seinem Tor zum 24:21-Endstand die anschließende Es-tut-mir-leid-Pocahontas-Uffta-Kirmes einläutete. Der Bosnier hätte fast noch ein drittes Tor kurz vor Ultimo erzielt, doch das kleine Leder hatte etwas anderes vor, landete schließlich irgendwo. Vulic indes nahm dergleichen mit Humor, griente wir ein Schelm, wohlwissend, dass das Spiel bereits entschieden war.

„Ich hatte einfach nur Glück“, sagte Martin Vulic über seine beiden Tore in der entscheidenden Phase der Partie und musste dann herzhaft lachen. Er sei zufrieden. Es sei einfach nur ein tolles Spiel vor einer schönen Kulisse gewesen, sagte Vulic, der auch betonte, dass er sich in Hermsdorf wohlfühle, längst angekommen sei. „Das sind gute Leute hier. Wir sind eine große Familie, haben mit Mario (Kühne) und Lutz (Klecha) tolle Trainer. Nächste Woche geht es dann weiter, wir müssen weiter hart trainieren – und dann schauen wir einmal, was noch so geht, aber heute werden wir wohl noch ein wenig feiern.“

In der Tat war es kein gewöhnlicher Spieltag in Hermsdorf. Bereits eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Spielbeginn war die Werner-Seelenbinder-Halle knackevoll. Ein paar zusätzliche Bänke wurden sogar hie und da prophylaktisch am Spielfeldrand aufgestellt. Zur Halbzeit gab es keine Bratwürste mehr und gen Ende soll angeblich sogar das Bier knapp geworden sein! Kurzum: Eine Atmosphäre, die so ein bisschen den Geist jener Tage in der Mitteldeutschen Oberliga beschwor.

Der Held des ersten Aktes war indes kein Geringerer als Jan Heilwagen. Er erzielte die ersten drei Tore für die Handballer aus dem Saale-Holzland-Kreis. Der 35-Jährige war hochmotivierte, scheute sich auch nicht vor Zweikämpfen. Wenn man so will, war es ein gutes Omen, dass der Publikumsliebling von Anfang an traf, denn wenn er beizeiten seine Buden macht, trifft er in schöner Regelmäßigkeit in einer Partie – so will es das Jan-Heilwagen-Gesetz. Nachlesbar in jedem Handball-Tafelwerk. Und so erzielte das Hermsdorfer Original während der ersten 30 Minuten, die beim Stand von 12:13 abgepfiffen worden, fünf Tore. „Ich war nach 25 Minuten einfach nur platt, das war eine sehr intensive Partie, die ein sehr hohes Tempo besaß. Mario hat dann sehr gut reagiert und Martin (Vulic) gebracht, der dann in den entscheidenden Phasen ja dann auch die Tore gemacht hat“, resümierte Jan Heilwagen. Er habe – insbesondere gen Ende – nicht am Sieg seines Teams gezweifelt. „Ich habe beim Stand von 22:21 zu Lutz (Klecha) gesagt, dass wir heute gewinnen werden, zumal Sonneberg nur von unseren Fehlern gelebt hat. Doch nach einer schwachen Phase haben wir uns einfach wieder zurückgekämpft. Ich denke, dass wir verdient gewonnen haben“, so Heilwagen

Über weite Strecken war es eine sehr ausgeglichene Begegnung, konnte sich doch keines der beiden Teams zwingend absetzen. Im zweiten Akt waren es jedoch die Tore von Paul Götze, Felix Reis und Hannes Rudolph, die den Hausherren ein Polster von immerhin drei Toren (21:18/46.) bescherten. Doch wie bereits erwähnt, sollte es noch einmal eng werden, bis denn Martin Vulic den Erlöser gab. „Als Martin zum 23:21 traf, wusste ich, dass wir gewonnen haben, aber bis dahin war alles offen“, resümierte Kühne, der auch noch einmal daran erinnerte, dass sein Team immer dann erfolgreich agiert habe, wenn es die Tugend der Geduld beschwor. „Wenn sie überhastet und kopflos gespielt haben, hat Sonneberg das oftmals bestraft“, führte Kühne weiter aus, der sich insbesondere mit dem Auftreten seines Teams in der zweiten Halbzeit zufrieden zeigte.

Ach ja, dieses Mal musste Martin Ehm nicht seine zarte Stimme für die Uffta malträtieren. Diesen Job übernahm dieses Mal – durch und durch aufopferungsvoll – sein Schwager in spe, Marcel Waldau. Ein wahres Naturtalent, gab doch der Kapitän des FV Bad Klosterlausnitz am Megaphone alles. Generell schonten seine Teamkollegen und er ihre Organe auf der Tribüne nicht. Am Ende gab es gar ein großes Stelldichein von Handballern und Fußballern in der Kabine der Kreuzritter, doch das ist eine andere Geschichte. Und so hallen von diesem denkwürdigen Spieltag – wohl noch weit bis in den Sonntag hinein – die Worte von Jan Heilwagen nach: „Heute machen wir wohl mal so richtig einen drauf!“

(Quelle: OTZ/Marcus Schulze/02.02.2020)