Standesgemäß, aber unspektakulär
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28:16 (11:6) siegt der SV Hermsdorf am Sonnabend über den HSV Apolda II
Von Marcus Schulze
Hermsdorf. Probleme sollten angesprochen werden. Mitunter sogar lautstark - und aus vollem Herzen. Und dahingehend war das verbale Agieren - vielleicht sogar Skandieren - einer wahrlich treuen Fan-Seele mehr als nur angebracht. Denn der junge Mann, der stets hochgradig engagiert da auf der Tribüne seinem trommelenden Tagwerk nachgeht, musste seinem Unmut in der ersten Halbzeit lautstark kundtun. Sie sollen sich doch endlich einmal konzentrieren!
Die Adressaten dieses kathartischen Einwurfes waren die Handballer des SV Hermsdorf. Der kathartische Aufschrei bezog sich auf deren mangelnde Chancenverwertung.
Und ja, die Kritik war berechtigt, doch damit war es noch nicht getan, haderte der Fan doch auch mit der Art und Weise der Chancen, schließlich scheiterte der eine oder andere Spieler von Pierre Liebelt geradezu hochästhetisch - entweder an Torwart Sebastian Hausdorff, der der beste Mann bei einem ansonsten wahrlich zahnlos daherkommenden HSV Apolda war, oder eben an jenem Gebilde, das ihn umgab. Viel Kür, viel fürs Auge, aber eben auch recht brotlos. Daher verwunderte es im Nachhinein auch nicht, dass neben der Konzentration auch der "einfache Handball" seitens des SV-Anhängers lautstark beschworen wurde. Ebenfalls nicht ganz zu unrecht.
Nun war es bei dieser Begegnung am Sonnabend in der Werner-Seelenbinder-Halle nicht so, dass der Gastgeber großartig in Bedrängnis oder gar Rückstand gekommen sei.
Qualität der Würfe war schlecht
Das war nicht der Fall, doch womöglich hatten nicht wenige im Vorfeld darauf gehofft, dass sich das doch recht offensichtliche Kräfteverhältnis - gerade mit Blick auf die Spielkultur - auch im Torverhältnis widergespiegelt hätte. Und das hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch, wenn die eine oder andere Chance in etwas Zählbares verwandelt worden wäre. Ein Hoch auf den Konjunktiv.
"Im Angriff war die Wurfqualität heute einfach zu schlecht, um ein noch deutlicheres Ergebnis zu erzielen. Wir haben uns genug Chancen erarbeitet", monierte ein immer noch kränkelnder Pierre Liebelt, der außerdem betonte, dass es sich seine Mannen mitunter zu schwer vor dem Tor gemacht hätten. "Wir haben manchmal einfach zu komplizierte Sachen versucht, dabei haben die einfachen Spielzüge wunderbar funktioniert."
Am Ende sprang ja dann auch ein - nun ja - standesgemäßes Ergebnis mit 28:16-Sieg heraus.
Vielleicht wäre es etwas weniger standesgemäß ausgefallen, wenn der gute Petr Nedved im SV-Kasten nicht gut 20 erfolgreiche Aktionen dargeboten hätte. "Petr war heute wieder richtig stark. Generell war die Abwehr super heute", resümierte Pierre Liebelt, der auch darauf verwies, dass es nicht so vielen Mannschaften in dieser Saison gelungen sei, unter 20 Gegentoren gegen Apolda II zu bleiben. "Auch wenn sie Tabellenletzter sind, muss man das auch erst einmal schaffen", ergänzte Pierre Liebelt.
Der Fokus werde auch weiterhin auf die Abwehrarbeit gelegt, schließlich sei sie der Schlüssel zu den einfachen Toren, würde seine Spieler aus jener Bredouille befreien, etwas Kompliziertes zu probieren.
In der 22. Spielminute hatte sich das Team von Pierre Liebelt einen ansehnlichen Vorsprung von sechs Toren (10:4) erarbeitet - dank unter anderem dem unverwüstlichen Maximilian Remde, Jan Heilwagen, Sebastian Hammer, Martin Ehm und Hannes Rudolph. Beim Treffer von Rudolph, der das 8:3 für die Holzländer markierte, war die Begeisterung besonders groß, schließlich packte der Mann, der seine Haare anlässlich eines Spiels stets zur Zwiebel formt, nach einer seiner berüchtigten und langen Fugphasen noch ein besonderes Kabinettstück in Sachen Torwurf aus.
Rudolph mit reichlich Swag
Rudolph versah den Ball mit ausreichend Effet, sodass er sich hinter dem Torwart auf dem Boden wie von Zauberhand hinein drehte. Das hatte mal so richtig Swag, wie ein junger Mensch heute sagen würde.
Größer war der Torjubel womöglich nur im zweiten Durchgang, als ein gewisser Stefan Riedel einen Ball - dabei mit Rücken zum Tor stehend - empfing, um sich dann ad hoc und hochdynamisch um 180 Grad drehte und das kleine Leder ins Tor beförderte. Eine Bewegung wie aus einem Guss - und das mit 37 Jahren. Die Anwesenden feierten das Urgestein, genau wie Ralf Kühne am Mikrofon, der irgendwo zwischen Michael Buffer und Herbert Zimmermann verortet werden muss.
Der Treffer von Stefan Riedel, es war das 14:8, fiel dann auch in jener Phase der Partie, in der sich die Hausherren eindruckvoll absetzen konnten und sich einen Vorsprung von elf Treffern - 12:8 auf 19:8 - in gut elf Minuten erarbeiteten. Danach, wir schreiben die 43. Spielminute, war eigentlich alles entschieden.
Ach ja, die Stimmlage des quasi Edel-Fans bei seiner Kritik hatte, mit Blick auf die Tonlage, etwas von jenem Rocker, der am Ende des Films "Werner Beinhart" mal so richtig durchdreht. Da ging es aber nicht um Handball. Stichwort: Ananas.
SV Hermsdorf: Rudolph (1), Schreck (2), Reis, Riedel (1), Nedved, Hammer (3), Heilwagen (3), Ehm (6), Zehmisch, Friedrich (3), Csikos (1), Remde (7), Krüger, Minas (1)
(Quelle: OTZ/Marcus Schulze/12.12.2017)