Warum sich für Elsässer ein Kreis schließt

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HERMSDORF. Kevin Elsässer-Pech steht nunmehr wieder in den Diensten des SV Hermsdorf – jenem Verein, bei dem für ihn alles in Sachen Handball begann. Beim 14. Holzland-Pokal trug er nach Jahren erstmals wieder das Trikot der Kreuzritter.

Die beiden Schlachtenbummler zeigten sich beeindruckt. Sichtbar angetan nickten sie einander auf der Tribüne zu, um sich im nächsten Moment wieder dem Geschehen unten auf dem Spielfeld in der Werner-Seelenbinder-Halle in Hermsdorf zu widmen.

Dort wiederum standen am Samstagnachmittag die Handballer des SV Hermsdorf bei der 14. Auflage des Holzland-Pokals in der Pflicht. Während Petrus gar gnadenlos seine Himmelsschleusen öffnete, woraufhin anderorts Fußballspiele im Saale-Holzland-Kreis abgebrochen werden mussten, bestritten die Kreuzritter im Schutz der Halle ihre finale Begegnung des Turniers – und dabei trafen sie auf den HSV Apolda. Der Pokal-Klassiker sozusagen...

Für die punktuelle Verzückung bei den betagten Hermsdorfer Fans auf der Tribüne war indes ein Zugang in den Reihen der Gastgeber verantwortlich. Einer, für den in Sachen Handball einst alles in Hermsdorf begann und der humorlos und frei von Schnörkeln zum zwischenzeitlichen 9:9 ausglich: Kevin Elsässer-Pech. Ein paar Augenblicke später kredenzte der 28-Jährige einen beeindruckenden Strahl von Wurf, der zwar nicht von Erfolg gekrönt war, aber gefühlt aus dem Nichts und derartig entschlossen daherkam, dass sich die beiden SVH-Anhänger auf der Tribüne erneut staunend anblickten.

Gegenspieler bis nach Weißenborn geschoben
Und es war eben jener – wenn auch letztlich erfolglose – Wurf, in der sich die Essenz des Spiels von Kevin Elsässer-Pech widerspiegelte; eben dieses Mosaik, das sich aus Kompromisslosigkeit, Entschlossenheit, Körperlichkeit und absolutem Willen zusammensetzte – das Agieren eines Berserkers, ja einer regelrechten Ein-Mann-Armee.

Seinen schier unbändigen Willen bekamen dann auch seine Gegenspieler aus Apolda zu spüren: Wenn er nicht im Besitz des kleinen Balles war und der Gegner angriff, lauerte er in der eigenen Hälfte – sichtbar fokussiert und nur darauf wartend, dass sein Gegenüber für einen flüchtigen Augenblick unkonzentriert war, ja sich eine Schwäche leistete. Dann schlug er zu…

Einen HSV-Akteur, dessen er habhaft wurde, schob er aus der Werner-Seelenbinder-Halle gefühlt bis nach Weißenborn, wo Elsässer-Pech nunmehr mit seiner Frau und seinem Sohn lebt und sich der Renovierung eines Hauses widmet. Und auch nach jener wahrlich beherzten Aktion, bei der der Handballer aus der Glockenstadt nicht so recht wusste, wie ihm geschah, blickten sich die beiden Schlachtenbummler auf der Tribüne verblüfft an.

„So schließt sich der Kreis. Es fühlt sich richtig gut an, wieder hier zu sein. Vor ein paar Jahren hätte ich das nicht für möglich gehalten“, sagte Kevin Elsässer-Pech, als das Turnier beendet war und sich ein Regenschauer sondergleichen über dem teilweise durchsichtigen Hallendach ergoss. Von 2017 bis 2023 lief der agile Flügelflitzer für den HBV Jena 90 auf, mit dem er 2018 in die Mitteldeutsche Oberliga aufstieg. Davor stand er seit seiner Jugend in den Diensten der HSG Freiberg, bei dem er eine fundierte Handball-Ausbildung genoss.

„Vor uns liegt eine schwere Saison. Ich selbst trainiere erst seit vier Tagen und muss erst einmal wieder reinkommen, aber es macht Spaß mit dem Team, und ich denke, dass wir eine gute Zeit haben werden“, sagte Kevin Elsässer-Pech, während „Personal Jesus“ von Depeche Mode aus den Boxen dröhnte.

Und das Turnier? „Na ja, wir müssen uns noch finden, doch uns bleibt nicht mehr viel Zeit, denn Anfang September geht es für uns los.“

Vier Teams traten am Samstag im Rahmen des Pokals gegeneinander an, wobei sich zum Gastgeber aus dem Holzland und dem Dauergast aus Apolda noch die HSG Werratal 05 aus der Thüringer Oberliga und der SV Oebisfelde 1895 aus der Sachsen-Anhalt-Liga gesellten. Letztlich konnte Ligakonkurrent Apolda die 14. Auflage für sich entscheiden. Die Kreuzritter um Trainer Mario Kühne fanden sich bei der Endabrechnung indes auf Platz drei wieder. Ein Unentschieden (14:14) gegen Werratal sowie Niederlagen gegen Oebisfelde (18:19) und Apolda (12:17) standen am Ende für das Team aus der Mitteldeutschen Oberliga zu Buche.

Ergebnisse des Holzland-Pokals zweitrangig
„Die Ergebnisse sind zweitrangig, zumal es unsere ersten Testspiele überhaupt waren und ich allen Spielern Einsatzzeiten geben wollte. Nichtsdestotrotz, unsere Leistung gegen Apolda war sehr durchwachsen – vor uns liegt zweifelsohne noch sehr viel Arbeit, doch die Zeit drängt. Aber dieses Problem haben wir nicht exklusiv“, resümierte Mario Kühne, der dann noch ein paar Worte zu Kevin Elsässer-Pech verlor: „Er ist zweifelsohne eine Verstärkung. Außerdem stimmt bei ihm die Einstellung: Er ist immer voll bei der Sache und geht auch dahin, wo es wehtut. Wir müssen ihn nur noch in unser System integrieren.“

Kevin Elsässer-Pech war jedoch nicht der einzige Zugang des SV Hermsdorf, der am Samstag in das Geschehen eingriff. Im Rückraum liefen Christopher Stölzner (vormals HSV Ronneburg) und Eigengewächs Tom Friedrich auf. Letzterer stand in den vergangenen Jahren in den Diensten des Post SV Gera und gab beim Pokal auf der Mitte den Spielgestalter. „Er hat gute Ansätze gezeigt, muss sich aber noch mehr zutrauen. Doch das kommt mit der Zeit“, sagte Mario Kühne. Und auch im Tor standen allen Zeichen auf Zugänge, wechselten sich doch die einstigen HBV-Jena-Keeper Torge Dunst und Thomas Haugk mit Urgestein Robert Zehmisch ab.

Eine optische Veränderung gab es indes bei Flügelflieger Hannes Rudolph zu bestaunen, der am Samstag mit blond gefärbten Haaren den Gesetzten der Schwerkraft trotzte – erinnerte an einen Skateboard-Punk aus den 90er-Jahren; angeblich soll Freundin Lena federführend bei der Umgestaltung der Kopfwolle gewesen sein.

Hallensprecher und DJ Holger Posse indes kredenzte den ein oder anderen neuen Song in seiner Handball-Playlist, darunter Feine Sahne Fischfilet mit „Alles auf Rausch“, Darude mit „Sandstorm“ und
DJ Jazzy Jeff & The Fresh Prince mit „Boom! Shake The Room“ von 1993. Bei Letzterem handle es sich um einen Lieblingssong von Co-Trainer Tobias Högl. „Als wir vor vielen Jahren die ersten CDs mit Musik für das Training brannten, gab mir Tobi, der damals ja selbst noch spielte, zu verstehen, dass dieser Song unbedingt dabei sein müsse“, sagte Holger Posse.

Mario Kühne verfolgte am Spielfeldrand das Dargebotene indes gewohnt emotional und neuerdings auch mit einer Brille auf seiner Nase. Jetzt sehe er alles wieder detailliert, sagte der Trainer, der mit seinem nächsten Atemzug jedoch die – zumindest punktuellen – Vorzüge einer dezenten Sehschwäche beschwor: „Wenn es einmal ganz schlecht bei uns laufen sollte, muss ich die Brille nur abnehmen – und schon sehe ich das Elend nicht mehr“, sagte Mario Kühne und lachte gar schelmisch.

Ach ja, als sich Kevin Elsässer-Pech nach dem Turnier am Spielfeldrand seiner Familie und auch dem Smalltalk widmete, liefen auch die zwei Hermsdorfer Fans von der Tribüne an ihm vorbei. „Schön, dass du wieder hier bist“, gab dem Heimkehrer einer der beiden zu verstehen, als sie im Begriff waren, die Halle zu verlassen...

(Quelle: OTZ/Marcus Schulze)

   

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