Die „Fleischwand“ und der Messias
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32:20 düpiert Hermsdorf Bad Blankenburg. Erstmals Daniel Zele dabei
Hermsdorf Daniel Zele hob ab; trotzte den Gesetzten der Schwerkraft – und verweilte eine gefühlte Ewigkeit in der Luft. Der 29-Jährige besaß in jenen Momenten zwar nicht die Eleganz eines Igor Nurejew oder Mikhail Baryshnikov, dafür kam er um einiges kraftvoller daher. Und – das war letztlich das alles Entscheidende – seine hochdynamische Darbietung war von Erfolg gekrönt, traf er doch zum temporären 19:13 am Donnerstagabend in der Werner-Seelenbinder-Halle. Dort empfingen die Kreuzritter den HSV Bad Blankenburg – und am Ende siegten die Gastgeber wahrlich eindrucksvoll mit 32:20 (16:11) über das Team aus der Mitteldeutschen Oberliga. Die 65 Zuschauer zeigten sich gar verzückt.
Daniel Zele wiederum war mit sechs Toren der erfolgreichste Schütze in den Reihen der Handballer aus dem Saale-Holzland-Kreis. Ergo: Ein Einstand nach Maß, schließlich war es für den Ungarn die erste Partie für den SV Hermsdorf seit seiner Rückkehr.
Er habe in den vergangenen vier Wochen kaum Handball gespielt, da er im Urlaub war, berichtete der Rückraumakteur, der in Hermsdorf so ein bisschen als Messias oder Heilsbringer gehandelt wird. Er, wenn auch nicht allein, soll den Kreuzrittern den Weg aus der Thüringenliga zeigen. Und Zele machte dann auch kein Geheimnis daraus, dass es für ihn nur ein Ziel gibt: der Aufstieg.
Man würde dem Dargebotenen der Kreuzritter am Donnerstag jedoch nicht gerecht werden, wenn man ihr Spiel allein auf Daniel Zele reduzieren würde. Im Gegenteil, schließlich gehörten zur „Fleischwand“ im Rückraum auch Oleksandr Petrov und Kristijan Smiljcic. „Fleischwand“ wiederum ist eine Wortschöpfung, die Flügel-Flieger Hannes Rudolph nach der Partie kredenzte. Und ja, Hannes Rudolph und seine Außen-Mitstreiter Jan Heilwagen und Sebastian Hammer kann man getrost als Gegenentwürfe zu besagter „Fleischwand-Achse“ betrachten. So oder so, der Rudolphsche Erguss charakterisierte die physische Dimension des SVH-Rückraums geradezu vortrefflich, denn was Petrov, Smiljcic, Zele und auch Fritz Reis am Kreis auftischten, war eine imposante Demonstration in Sachen Körperlichkeit – ob offensiv oder defensiv. Und dann war da ja auch noch Damian Kowalczyk im Tor; und auch ein Martin Ehm, den man irgendwo zwischen „Fleischwand“ und „Spargel-Flügelflitzer“ verorten kann, machte seine fünf Tore. Ja, das sah alles sehr verheißungsvoll aus – gerade vor dem Hintergrund, dass Protagonisten wie Felix Reis, Stefan Riedel, Cedric Schreiber, Marvin Schreck und Paul Götze urlaubsbedingt fehlten.
Am Donnerstag nun hatte erstmals SVH-Co-Trainer Tobias Högl das alleinige Kommando an der Außenlinie inne, da Mario Kühne im Urlaub verweilte. Er sei im Vorfeld durchaus etwas aufgeregt gewesen, gestand Högl nach der Begegnung. Zu beanstanden hatte er nach seinem Debüt fast nichts. Ein paar Kleinigkeiten vielleicht, doch er wollte lieber die positiven Dinge benennen: „Die erste Halbzeit von Kristijan war einfach nur überragend, und was Fritz heute gezeigt, war das Beste, was ich bisher von ihm gesehen habe“, schwärmte Högl, der mit seiner Brille auf der Nase wie Jimmy Hartwig aussah – zumindest aus der Ferne.
Und Bad Blankenburg? Den Gästen fehlte etwas Elementares: die harmonische Geschlossenheit. Sie prallten mit ihren ansehnlichen Einzelaktionen in schöner Regelmäßigkeit an der „Fleischwand“ ab. Kurzum: Sie wirkten nicht wie ein Team, eine Mannschaft, eine Einheit. Anders die Hermsdorfer. Da wurde einander gut zugeredet: Damian Kowalczyk lobte Fritz Reis; Hannes Rudolph nahm indes Daniel Zele in den Arm – oder versuchte es zumindest. Größenunterschied und so. „Hermsdorf ist eine Familie“, sagte Daniel Zele, der aufgrund seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten noch zwischen Halle und Hermsdorf pendelt. In einem Jahr sei er fertig; dann wolle er wieder nach Hermsdorf ziehen. „Ich kenne hier alles“, sagte der Rückkehrer…
(Quelle: Otz/Marcus Schulze/21.08.2021)